Liefrauenkapelle Fraureuth
Im Jahr 1869 kam es in Fraureuth zur Gründung eines katholischen Vereins. Die ersten nach der Reformation wieder ansässigen Katholiken waren aus katholischen Regionen zugewanderte Arbeiter. 40 Jahre lang wurden die Gottesdienste vom Greizer Pfarramt aus im Tanzsaal des "Schützenhauses" gehalten.
1908 kaufte die Gemeinde ein Grundstück für einen Kirchenbau gegenüber der Post, welches zunächst von den Gemeindemitgliedern gärtnerisch genutzt wurde.
Auch wenn ab 1927 die Gemeinde mit von der Werdauer Pfarrei seelsorglich betreut wurde, blieb das zuständige Pfarramt in Greiz. Dieses gab allerdings die Zustimmung zum Bau einer Kapelle, wenn die Pfarrei Werdau alle Kosten übernimmt.
1929 erfolgte der Tausch des Grundstückes mit dem heutigen Grundstück an der Werdauer Straße 67, welches eine Größe von 4.000 m2 hatte und damals 8.000 Mark kostete.
Am 19. Juli 1931 war die Grundsteinlegung, am 01. Adventssonntag (29.11.1931) erfolgte die feierliche Benediktion (Segnung) der Liebfrauenkapelle durch Erzpriester Johannes Rücker aus Zwickau.
Im August 1931 konnten zwei Bronzeglocken geweiht werden, welche in der Glocken- und Kunstguss-Manufaktur Petit & Gebrüder in Edelbrock gefertigt wurden. Die große Glocke musste im Dezember 1941 jedoch als Rüstungsmaterial abgegeben werden. Erst 1954 vervollständigte eine neue Bronzeglocke aus der Glockengießerei Franz Schilling & Söhne in Apolda wieder das Geläut.
Aufgrund des sprunghaften Wachstums der katholischen Gemeinde durch den Zuzug vieler Flüchtlinge und Heimatvertriebener nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde am 11. Juli 1947 in Fraureuth eine eigene römisch-katholische Seelsorgestelle eingerichtet, die später zur Pfarrvikarie erhoben wurde und bis 1990 einen eigenen Seelsorger hatte.
Seit 1990 betreute Werdauer Pfarrei die Katholiken in Fraureuth.
Am 01. August 1992 erfolgte die Aufhebung der Pfarrvikarie Fraureuth durch ein bischöfliches Dekret und ihre Eingliederung in die Pfarrei „St. Bonifatius“ in Werdau.
Seit 2012 feiert auch die alt-katholische Gemeinde einmal im Monat in der Liebfrauenkapelle ihre Gottesdienste.
Der Name „Liebfrauen“ für diese Kapelle entstand in Anlehnung an die Entstehungsgeschichte des Ortsnamens „Fraureuth“, da die Gottesmutter Maria im Mittelalter als „Unsere liebe Frau“ bezeichnet wurde.
Mehrmals wurde die Liebfrauenkapelle im Inneren umgestaltet. So ist der heute existierende Altar bereits der vierte Altar, gestaltet von der Greizer Künstlerin Elly-Viola Nahmmacher.
Das erste Altarbild des Kunstmalers Heinrich Uhler, Plauen, wurde bei der ersten Umgestaltung der Kapelle 1959/60 erneuert. Bei dieser Darstellung der Kreuzigung Christi handelt es sich um eine pastöse Malerei des Dresdners Künstlers Georg Nawroth. Eine Nachbesserung erfolgte im Jahre 1988 durch den Schönfelser Maler Gerhard Wutzler, der auch 1996 die erneute Auffrischung vornahm.
Nach den Erfordernissen der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils wurden zwischen 1970 bis 1974 Altar, Ambo, Kerzenständer, Ewiges Licht und die Marienfigur neu- bzw. umgestaltet. Alle Kunstwerke entstammen aus der Werkstatt der Künstlerin Elly-Viola Nahmmacher. Die Marienfigur ist eine vergoldete Bronzefigur.
Den Tabernakel emaillierte ein Künstler aus Berlin. Während der sandsteinerne Taufstein noch aus dem Entstehungsjahr der Kapelle stammt, handelt es sich bei den Bildern der 14 Kreuzwegstationen nicht mehr um die Originale. Sie wurden zwischen 1974 und 1978 durch andere ersetzt.
Das 1959/60 eingebaute Orgelpositiv der Firma Jehmlich aus Dresden, wurde im Jahre 1995 überholt. Seit 2013 wird zu den Gottesdiensten eine elektronische Orgel genutzt.
Die letzte Sanierung der Bausubstanz erfolgte 1996. Dabei erhielt die Kapelle auch innen und außen wieder einen neuen Anstrich.
Geschichte der Gemeinde
Im Zuge der Industrialisierung Sachsens siedelten sich Ende des 19. Jahrhunderts zunehmend Arbeitskräfte aus dem katholisch geprägten Bayern und Böhmen in Werdau und Umgebung an. Während der Sommermonate kamen auch Arbeitskräfte aus Schlesien und Polen als Saisonarbeiter nach Werdau.
In dem seit der Reformation überwiegend protestantischen Sachsen stellten sie eine religiöse Minderheit dar. Werdau hatte 1890 16.474 Einwohner, von denen 531 Katholiken waren, das entspricht 3,2%. Eine eigene Kirche gab es nicht und so musste man zu Gottesdiensten nach Zwickau laufen. Im April 1890 wurde beim zuständigen Ministerium für Kultus und öffentlichen Unterricht beantragt, dass viermal jährlich ein Gottesdienst in Werdau abgehalten werden darf. Die Genehmigung wurde erteilt und 1891 fand der 1. katholische Gottesdienst nach der Reformation in Werdau statt. Er wurde von Kaplan Franz Hackethal (Zwickau) im Saal der Zentralhalle (heute Schwerathletikhalle) in der Kranzbergstraße 4 gehalten.
Jahrelang war es nur möglich, in Gasthöfen zum Gottesdienst zusammenzukommen, so ab 1894 im Restaurant „Reichspost“ und ab 1887 in „Heils Gasthof“. Diese Gottesdienste feierten Geistliche aus Zwickau.
1904 wurde das katholische Pfarramt in Werdau errichtet, ein Jahr später konnte man die Gottesdienste in der alten Friedhofskappelle feiern.
Das Ziel der Werdauer Katholiken war jedoch der Bau einer eigenen Kirche.
Im Jahr 1909 wurde in der Brüderstraße ein Baugrundstück erworben. Weil aber das Geld fehlte, konnte lange Zeit nicht mit dem Neubau der Kirche begonnen werden.
Doch auch ohne eine Kirche erlebte die Gemeinde schon 1913 mit der Durchführung des Katholikentages in Werdau einen besonderen Höhepunkt. Um die finanziellen Mittel für einen Kirchenneubau zu beschaffen, reiste Pfarrer Kirschenbauer umher und erbettelte in der näheren und weiteren Umgebung das notwendige Geld.
Nach mehreren weiteren Problemen und einem Grundstücktausch konnte schließlich Anfang Oktober 1926 mit dem Bau der Bonifatius-Kirche begonnen werden, welche dann im Mai 1929 geweiht wurde.
Mit dem Beginn des Jahres 1927 übernahm die Pfarrei Werdau die Seelsorge der Gemeinde in Fraureuth.
Im März 1930 begannen drei „Nazarethschwestern vom heiligen Franziskus" ihre Tätigkeit in der Werdauer Gemeinde.
Durch den Zuzug vieler Heimatvertriebener nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu einem sprunghaften Anstieg der Zahl der Gemeindemitglieder.
1946 wurde eine ständige Kaplansstelle in Werdau eingerichtet. Bis 1975 hatte die St. Bonifatius-Gemeinde Kapläne.
Im Juli 1947 wurde Fraureuth Lokalkaplanei und damit eine eigene Seelsorgestelle.
Seit 27. September 2020 gehört die Gemeinde St. Bonifatius in Werdau zur neu gegründeten römisch-katholischen Pfarrei Heilige Familie Zwickau.